Der SKM, Katholischer Verein für soziale Dienste e.V., setzt sich mit seinen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern für Menschen in Notlagen, die Rat und Hilfe suchen, ein. Dies tut er unabhängig von Religion, Nationalität, Geschlecht oder Stand des Hilfesuchenden.

Wir sind ein selbständiger und eingetragener Verein unter dem Dach der Caritas in Münster sowie Mitglied des SKM Bundesverbandes und handeln auf der Basis des christlichen Selbstverständnisses, ansonsten unabhängig und parteipolitisch nicht gebunden.

Keimzelle der Sozialen Arbeit des SKM in Bocholt war ein Beratungsangebot für Familien und Menschen in schwierigen Lebenslagen, aber schon seit über 25 Jahren haben wir mit der Sucht- und Drogenberatung weitere Standbeine hinzugewonnen. Je nach Einzelfall bieten wir im Rahmen dieser Angebote ambulante oder vermitteln in stationäre Entwöhnungstherapien.

Neben den Sucht- und Drogenberatung bildet mittlerweile das Ambulant betreute Wohnen für abhängigkeits- und seelisch erkrankte Menschen einen weiteren wichtigen Pfeiler unserer Arbeit.

Von Beginn haben wir immer wieder auf die besonderen Lebenslagen von  Jungen und Männern abgestimmte Angebote entwickelt. Die seit ca. 10 Jahren stattfindenden Bocholter Männertage erfreuen sich überregionaler Aufmerksamkeit. In dieser Tradition und mit Unterstützung des Diozesan-Caritasverbandes und des SKM Bundesverbandes konnten wir ab Januar 2017 Jungen- und Männerarbeit, auch im Sinne einer Krisen- und Gewaltberatung für Jungen und Männer, in unser ständiges Angebot mit aufnehmen.

Seit über 20 Jahren kümmern wir uns im Rahmen unserer Präventionsarbeit im Projekt Kolibri um Kinder und Heranwachsende aus Familien abhängiger Eltern. Uns freut sehr, dass dieses Projekt in Bocholt viele Freunde und Unterstützer, so z.B. den Lions Club Westfalia,  gefunden hat.

Auch Sie können unsere Arbeit unterstützen: ehrenamtlich, durch Spenden oder als Mitglied.
Für weitere Informationen, Rückmeldungen und Anregungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Nehmen Sie dazu einfach Kontakt per Telefon 02871 8891 oder E-Mail zu uns auf.

Tätigkeitsbericht 2023 des SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste e.V. (pdf Download)

Gemeinsam für Borderline-Erkrankte

BBV, vom 24.01.2024
Wir danken dem BBV, Jochen Krühler und dem Fotografen Sven Betz, dass wir den Bericht / Foto hier übernehmen dürfen.

Psychiater und soziale Dienste haben in Bocholt ein eng vernetztes Hilfsangebot für Menschen geschaffen, die an der psychischen Erkrankung leiden. Kern des Angebots ist eine Gruppe, in der Patienten lernen, mit Borderline zu leben.

Geschätzt mehrere Tausend Menschen im Kreis Borken leiden an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Deutschlandweit sind eine Million Menschen von dieser psychischen Erkrankung betroffen. In Bocholt hat sich nun ein Hilfsangebot für Borderline-Erkrankte im Südkreis Borken etabliert, bei dem Mediziner, Sozialträger und der Kreis Borken eng zusammenarbeiten – und das nach Angaben der Beteiligten landesweit in dieser Form einzigartig ist.

Beteiligt an dem Projekt sind der SKM Bocholt und der Sozial-Psychiatrische Dienst des Kreises Borken als Träger von Betreuungsangeboten sowie das St.-Vinzenz-Hospital Rhede und die Facharzt-Praxis ZNS (Zentrum für neurologische und seelische Erkrankungen) in Bocholt und Borken. „Herzstück“ des Hilfsangebots ist eine Gesprächsgruppe für Borderline-Erkrankte in Bocholt, eine ambulante Arbeitsgruppe, in der neun betroffene Frauen therapeutisch begleitet lernen, mit ihrer Erkrankung umzugehen. Geleitet wird die Gruppe von Markus Büsken vom SKM und von Martina Heddier vom Sozial-Psychiatrischen Dienst.

Enge Kooperation (von links): Martina Heddier (Sozial-Psychiatrischer Dienst), Markus Büsken (SKM), Berthold Tenhonsel (SKM), Volker Knecht (ZNS) und Reinhild Wantia (Kreis Borken). Foto: Sven Betz


Enge Kooperation (von links): Martina Heddier (Sozial-Psychiatrischer Dienst), Markus Büsken (SKM), Berthold Tenhonsel (SKM), Volker Knecht (ZNS) und Reinhild Wantia (Kreis Borken). Foto: Sven Betz

Borderline ist eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung. Betroffene sind impulsiv, leiden unter raschen Stimmungswechseln, gehen oft instabile zwischenmenschliche Beziehungen ein. „Es sind Menschen mit herausforderndem Verhalten“, sagt Berthold Tenhonsel, Geschäftsführer des SKM Bocholt. „Die Betroffenen sind massiv emotional belastet, häufig mit einer großen Problematik und einem hohen Leidensdruck“, ergänzt Markus Büsken.

Seit mehr als einem Jahr gibt es nun die sogenannte Skills-Gruppe, in der neun betroffene Frauen Fertigkeiten (Skills) erlernen, um im Alltag mit ihrer Erkrankung zurechtzukommen. Was die Beteiligten von SKM und Sozial-Psychiatrischem Dienst besonders überrascht hat: „Die Gruppe läuft richtig gut, und das ist nicht selbstverständlich“, sagt Tenhonsel. Üblich sei bei solchen ambulanten Borderline-Gruppen, dass die Erkrankten bald nicht wiederkommen, die Behandlung abbrechen – was dem typischen Krankheitsbild auch entspricht.

„Wir machen hier aber eine völlig andere Erfahrung“, sagt Tenhonsel. Die Teilnehmerinnen seien regelmäßig dabei, würden auch korrekt absagen, wenn sie mal nicht könnten. „Das ist ein Riesenschritt für Borderline-Erkrankte“, sagt Markus Büsken. Martina Heddier führt den Erfolg unter anderem darauf zurück, dass die Gruppe Sicherheit und Verlässlichkeit vermittle. „Das erzeugt wiederum eine zuverlässige Teilnahme.“

Zum Borderline-Projekt gehört jedoch nicht nur die Gesprächsgruppe. Kern sei auch eine ambulante Einzelberatung, zudem gebe es eine ambulante aufsuchende Hilfe, bei der Mitarbeiter von SKM und Sozial-Psychiatrischem Dienst zu den Betroffenen nach Hause kommen, erläutert Tenhonsel. Eine wesentliche Rolle spiele dabei auch das St.-Vinzenz-Hospital in Rhede, das die Mitarbeiter schult. Die Fachärzte der psychiatrischen Fachklinik würden zudem eine Supervision gewährleisten, das heißt: Sollte es Probleme geben, stehen sie mit Rat und Tat zur Seite.

Facharzt Volker Knecht, der die zwei ZNS-Praxen in Bocholt und Borken betreibt, sieht in der Kooperation nicht nur eine bessere Versorgung von Erkrankten. Die enge Vernetzung mit SKM, Sozial-Psychiatrischem Dienst und Hospital führe auch dazu, im medizinischen Betrieb Ressourcen zu sparen. Denn die medizinische Versorgung von Borderline-Patienten sei aufwendig, bedingt durch das Krankheitsbild. In seinen Praxen gebe es mehrere Hundert Patienten mit dieser Störung pro Quartal. „Obwohl Borderline nicht häufiger als andere Erkrankungen ist, sind 15 Prozent unserer Plätze durch Borderline-Patienten belegt“, sagt er. „Das bindet an allen möglichen Ecken.“

Reinhild Wantia leitet beim Kreis Borken die Abteilung für Psychosoziale Gesundheit. Neu sei, dass man im Kreis Borken nun ein System geschaffen habe, bei dem die Akteure bei der Betreuung von Borderline-Patienten strukturell zusammenarbeiten.

Dekoartikel für „Kolibri-Projekt“ verkauft

BBV vom 22.01.2024
Wir danken dem BBV und dem Fotografen Sven Betz, dass wir den Bericht / Foto hier übernehmen dürfen.

Die Mitglieder der SKM-Männergruppe „Gemeinsam unterwegs“ überreichen einen Scheck an den Vorstand des SKM (von links): Otto Veith, Georg Fahrland, Bernhard Jungkamp, Michael Henke, Gustaf Arnold, Klaus van Hagen, Alfons Eiting und Helmuth Schmidt. Foto: Sven Betz

Die Mitglieder der SKM-Männergruppe „Gemeinsam unterwegs“ überreichen einen Scheck an den Vorstand des SKM (von links): Otto Veith, Georg Fahrland, Bernhard Jungkamp, Michael Henke, Gustaf Arnold, Klaus van Hagen, Alfons Eiting und Helmuth Schmidt. Foto: Sven Betz

Männergruppe des SKM überreicht Spende in Höhe von 1400 Euro an den Vorstand.

Bocholt (cc) Die Männergruppe des SKM „Gemeinsam unterwegs“ hatte seit September gemeinsam Dekoartikel hergestellt und sie auf dem Weihnachtsmarkt in der „Hütte der guten Taten“ sowie in einem Stand in der Neustraße verkauft. „Ein Renner waren die selbst hergestellten dekorativen Adventskränze und die selbst gestrickten Wollsocken“, berichtet Gustav Arnold von der SKM-Männergruppe. Den Erlös in Höhe von 1.400 Euro überreichte die Gruppe bei einer kleinen Feierstunde an den Vorstand des SKM (Katholischer Verein für soziale Dienste Bocholt) für das „Kolibri“-Projekt.
„Kolibri“ ist die Beratungsstelle des SKM in Bocholt für Kinder und Jugendliche alkoholabhängiger Elternteile.

Spaleck spendet 3000 Euro für „Kolibri“

BBV, (cc) vom 19.01.2024
Wir danken dem BBV, dass wir den Bericht hier übernehmen dürfen.

Berthold Schröder (links) und Christiane Wiesner (rechts) vom SKM freuen sich über den Scheck, den Lena Lütfrink von Spaleck Oberflächentechnik übergibt. Foto: Spaleck Oberflächentechnik

Berthold Schröder (links) und Christiane Wiesner (rechts) vom SKM freuen sich über den Scheck, den Lena Lütfrink von Spaleck Oberflächentechnik übergibt. Foto: Spaleck Oberflächentechnik

Bocholt (cc) Mit einem Scheck über 3000 Euro unterstützt das Bocholter Unternehmen Spaleck Oberflächentechnik die Arbeit des Projekts „Kolibri, Hilfen für Kinder abhängiger Eltern“ des SKM (Katholischer Verein für soziale Dienste Bocholt).
„Kolibri“ kümmert sich um Kinder und Jugendliche mit alkoholkranken Vätern oder Müttern.
Derzeit werden rund 30 Kinder und Jugendliche in Form von Einzelgesprächen sowie in festen Gruppengesprächen durch Christiane Wiesner und ihren Kollegen Frank Lensing betreut.
Spaleck verzichtet in der Weihnachtszeit auf Kundenpräsente und unterstützt stattdessen lokale Projekte, die sich für Kinder einsetzen.

Lions Club spendet an Kolibri

BBV vom 08.01.2024
Wir danken dem BBV, dass wir den Bericht hier übernehmen dürfen.

6765 Euro waren bei zwei Aktionen des Klubs zusammengekommen.

Bocholt (har) Der Lions Club Bocholt-Westfalia hat jetzt einen Spendenscheck über 6.765 Euro an das SKM-Projekt Kolibri gespendet. Das betreut Kinder alkoholabhängiger Eltern.

Das Geld hatte der Lions Club zum einen mit dem Verkauf von Genussboxen – den LionsLieblingen – eingenommen. Außerdem hatten die Klubmitglieder beim Einkaufsgarten Meteling die Adventsausstellung mit einem Waffel- und Kuchenstand begleitet. Der Lions Club dankt allen, die durch ihren Einkauf diese Spende möglich gemacht haben.

Katja Bielefeld (2. von links), Katrin Komp (von rechts) und Petra Gerards vom Lions Club überreichen den symbolischen Spendenscheck an Berthold Schröder und Christiane Wiesner (3. von links) von Kolibri. Foto: Lions Club

Katja Bielefeld (2. von links), Katrin Komp (von rechts) und Petra Gerards vom Lions Club überreichen den symbolischen Spendenscheck an Berthold Schröder und Christiane Wiesner (3. von links) von Kolibri. Foto: Lions Club

Suchtberatung für Teilnehmende an SGB II Maßnahmen U 25

Konsum als Risikoverhalten auf dem Weg zum ERwachsenwerden

In den nachstehenden Fallbeispielen (Namen geändert) werden zwei Klient:innen aus dem Projektalltag SGB II Maßnahmen U 25 dargestellt, die in kurzen Abschnitten einen sehr bewegenden Teil ihrer Lebensgeschichte und ihres Erlebens erzählen. Es handelt sich hierbei um junge psychisch instabile Menschen, deren familiäre Lebenssituation bereits früh aus den Fugen geraten ist, und deren seelische & kognitive Entwicklung durch massive Suchtmittelabhängigkeiten bereits in früher Jugend geschädigt wurde.

Sabine, 19 Jahre: „Seit ich mich zurückerinnern kann, hatte ich immer Stress mit meinen Eltern. Ich hatte schon in jungen Jahren ein sehr bewegtes Leben. Meine Eltern trennten sich, als ich 6 Jahre alt war. Mein Vater hatte nach der Trennung sehr früh eine neue Freundin, mit der er nur einige Wochen später nach Hannover zog. Sie kam aus Hannover und wollte nicht in der Nähe von Bocholt wohnen. Für meinen Vater war sie der neue Lebensmittelpunkt. Er verschwand einfach und ließ mich zurück.
Plötzlich wohnte mein Vater über 200 Kilometer von uns entfernt.
Schnell merkte ich, dass mein Vater andere Dinge im Sinn hatte, als sich um seine Tochter zu kümmern. Bestimmt war es ihm sogar peinlich mit mir zusammen irgendwo aufzuschlagen. Ich war schon als Kind sehr adipös. Mein Vater mochte keine dicken Menschen und hat mich das sehr oft spüren lassen.
Mit den Jahren wurde der Kontakt zu meinem Vater immer weniger. Ich fühlte mich nicht akzeptiert. Außerdem hat er die Freundin irgendwann geheiratet und mit ihr eine Tochter (meine Halbschwester) bekommen. Ich weiß nur, dass sie Lisa heißt. Gesehen habe ich sie noch nie. Der letzte Kontakt zu meinem Vater war vor 8 Jahren. Es tut noch immer weh, aber da muss ich durch.
Nachdem mein Vater weg war, lebte ich zusammen mit meiner Mutter in einer kleinen Wohnung. Wir haben uns täglich gestritten, weil meine Mutter nicht darauf klarkam, dass Papa weg war. Sie gab mir oft die Schuld für die Trennung, weil ich durch meine ADHS-Erkrankung extrem unruhig gewesen bin.
Ich bin Zeit meines Lebens wegen meines Übergewichts gemobbt worden. Die Schule war neben den Streitigkeiten mit meiner Mutter die größte Hölle für mich. Mit 11 Jahren habe ich dann mit den falschen Leuten rumgehangen und das Kiffen angefangen. Cannabis hat mich beruhigt. Ich konnte endlich runterkommen und das Übel des Alltags vergessen. Später mit 18 Jahren habe ich zusätzlich begonnen Amphetamine zu konsumieren, allerdings nur für einige Monate.
Mit 18 Jahren bin ich erstmals in eine Wohngruppe gezogen. Die Konflikte mit meiner Mutter waren einfach zu groß. Später habe ich die Wohngruppe verlassen und bin mit meinem Freund zusammengezogen. Dieser hat mich regelmäßig verprügelt und einmal sogar vergewaltigt, so dass ich ihn in einer Nacht- und Nebelaktion verlassen habe.
Nach einigen Wochen Obdachlosigkeit und massivem Drogenkonsum, durfte ich erneut in die Wohngruppe ziehen, aus der ich zuvor ausgezogen bin.
Aktuell konsumiere ich sehr selten Cannabis. In der Tagesklinik wurde mir mitgeteilt, dass ich an einer Borderline-Erkrankung leide. Ich versuche mein Leben neu zu ordnen und mit meiner Erkrankung umzugehen.


Markus 19 Jahre: Wenn ich mein Leben revuepassieren lasse, bin ich von Kindesbeinen auf mit der Droge Cannabis verbunden. Meine Eltern konsumieren Cannabis, seit ich denken kann. Ich kann mich erinnern, dass mein Vater Cannabis schon immer selbst angebaut und geraucht hat. Beide Elternteile konsumieren täglich 3 bis 5 Gramm.
Ich hatte immer das Gefühl, dass meine Eltern konsumieren, um ihr riesiges Streitpotential zu unterdrücken und Konflikten aus dem Weg zu gehen. Meine Eltern haben sich immer gestritten und ihre Probleme auf uns Kinder abgewälzt. Ohne den Konsum hätte es einen massiven Kontrollverlust mit verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen gegeben. Sie wären heute längst getrennt.
Mit 15 Jahren habe ich erstmals selbst Cannabis konsumiert. Das Rauchen war mir nicht fremd, weil ich bereits seit meinem elften Lebensjahr Zigaretten rauche. Mein Vater hat mir Marihuana angeboten. Er hat immer gesagt, dass ich nur das „Familiendope“ aus gutem Eigenanbau rauchen solle. Ich habe den Rat meines Vaters befolgt, allerdings auch mit zunehmendem Alter den Respekt vor ihm verloren. Mir wurde mehr und mehr klar, dass meine Eltern Junkies sind und keinerlei erzieherische Kompetenzen besitzen.
Mein Leben ist immer anders bzw. schräg verlaufen. Obwohl ich zwar meinen Realschulabschluss gepackt habe, hatte ich immer Probleme mit meinen Mitmenschen. Ich hatte nie echte Freunde, und ich habe immer um meine Meinung kämpfen müssen. Es gab in der Vergangenheit eine „Bi-Phase“. Ich habe mich bisexuell ausgerichtet, und ich habe mich gerne als Frau verkleidet. Als Frau verkleide ich mich heute noch gerne, wegen meiner langen Haare. Für meine sexuelle Ausrichtung und meine Neigungen wurde ich in der Schule übelst gemobbt. Viel Rückendeckung durch mein Elternhaus hatte ich auch nicht zu erwarten.
Das Kiffen hat mir sehr früh geholfen meine Probleme zu verdrängen. „Konsum gegen Kopfkino“ war oft mein Motto. Berauscht konnte ich sowohl die familiären Stimmungsschwankungen und Auseinandersetzungen als auch die schulischen Mobbing-Eskalationen besser ertragen.
Mit der Zeit bin ich durch den Konsum, und durch das Ertragen meiner Lebenssituation emotional mehr und mehr abgestumpft. Ich besitze schon noch ein Gerechtigkeitsdenken, obgleich mich Extremsituationen wie Schlägereien, massive verbale Auseinandersetzungen, Videos mit sterbenden Menschen usw. größtenteils völlig kalt lassen.
Auch in der jetzigen Zeit habe ich kaum jemanden, der was mit mir macht. Ich bin im Rahmen der Bildungsmaßnahme auf Ausbildungssuche und ziehe mich sonst den restlichen Tag in mein Zimmer zurück und zocke Onlinespiele. Noch immer rauche ich 1-2 Gramm Cannabis pro Woche, obwohl ich damit gerne irgendwann aufhören möchte.

Bocholter Suchttherapeut: Cannabis-Legalisierung ist „überfällig“ – Interview mit Michael Helten

BBV, Barbara-Ellen Jeschke vom 26.08.2023
Wir danken dem BBV und dem Fotografen Sven Betz, dass wir den Bericht und Foto hier übernehmen dürfen.

Bocholt – Das Bundeskabinett hat ein Gesetz zur Legalisierung von Cannabis beschlossen. Damit will die Bundesregierung den verantwortungsvolleren Umgang mit Cannabis erreichen. Das BBV hat mit dem Diplom-Sozialarbeiter und Suchttherapeuten Michael Helten gesprochen.

Michael Helten freut es, dass über die Cannabis-Legalisierung diskutiert wird. Foto Sven Betz

Michael Helten freut es, dass über die Cannabis-Legalisierung diskutiert wird. Foto: Sven Betz

Herr Helten wie beurteilen Sie das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis?

Michael Helten Es ist in erster Linie eine Entkriminalisierung. Cannabis wird aus dem Betäubungsmittelgesetz herausgenommen.

Wie ist Ihre Sicht als Therapeut beim Sozialdienst hierauf?

Helten Man muss das sicherlich aus unterschiedlichen Perspektiven bewerten. Wir sind in der Drogenberatung und Drogenhilfe tätig. In unseren Fachbereich gehört die Schadensminimierung durch niedrigschwellige Arbeit, der Drogenkontaktladen und die Suchtbegleitung. Ebenso gehört dazu die Rehabilitation und Hilfe bei Therapie und Therapievermittlung sowie Angehörigenberatung. Aus dieser Perspektive ist es zwingend notwendig und ich würde fast sagen überfällig, dass der Konsum von Cannabis aus dem Bestrafungsbereich der Konsumenten herausgeführt wird.

Warum?

Helten Das Strafrecht regelt Suchtprobleme nicht. Die Legalisierung umgekehrt auch nicht. Das Strafrecht hat an der Stelle eigentlich schon versagt. Es hat nicht funktioniert, mit dem Strafrecht den Schutz der Gesellschaft vor der illegalen Droge Cannabis zu regeln. Cannabis ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Wir haben sehr viele Konsumenten. Cannabis wird bei vielen in der Gesellschaft schon akzeptiert. Da muss sich das Strafrecht einfach verändern.

Sie haben vor allem die Konsumenten im Blick.

Helten Die Folgen durch das Strafrecht sind für die Konsumenten erheblich. Jeder, der den Wunsch hat, Cannabis zu konsumieren, auch zu Genusszwecken, muss sich in illegale Handelsketten begeben. Und es ist de facto ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz mit allen Konsequenzen: Geld- und Haftstrafen, Einträge in das Führungszeugnis. Das erschwert Konsumenten eine spätere Rehabilitation.

Wie haben sich der Konsum und die Beratungsgespräche zu Cannabis in den vergangenen Jahren entwickelt?

Helten Auffällig ist schon, dass es viel mehr geworden ist. Haben wir früher fast ausschließlich zu harten Drogen beraten und vermittelt, hat es sich in den Jahren komplett verändert. Ich habe einen Überblick von 1990 bis heute. In den letzten 15 Jahren sind es vielmehr Konsumenten von Cannabis, die unsere Hilfe in Anspruch nehmen.

Mit welchen Problemen kommen die Cannabis-Konsumenten zu Ihnen?

Helten Viele haben das Problem, dass sie unter Strafverfolgung leiden. Sie haben Auflagen zur Drogenberatung zu kommen.

Verharmlost die Legalisierung Cannabis?

Helten Die Legalisierung bedeutet nicht, dass es hier keine Probleme gibt und Cannabis harmlos ist. Nein, das ist es nicht. Es sind Gesundheitsrisiken damit verbunden. Die psychosozialen Risiken und die Auswirkung einer Abhängigkeit bleiben bestehen.

Der Gesetzesentwurf sieht eine Legalisierung für Erwachsene vor. Jugendliche dürfen die Droge nicht konsumieren. Dennoch: Wenn junge Menschen Cannabis konsumieren, wie gefährlich ist das?

Helten Man weiß, dass früher Konsum von Cannabis zu Schädigungen des Gehirns führen kann. Wenn man regelmäßig konsumiert, wird die Entwicklung im Bereich des Lernens und der Persönlichkeitsentwicklung gestört. Das kann die psychosoziale Entwicklung schädigen. Ein Riesenthema sind auch psychiatrische Erkrankungen und Psychosen.

Sehen Sie Nachbesserungsbedarf bei dem Gesetz?

Helten Ich freue mich darüber, dass diskutiert wird, und es geht definitiv in die richtige Richtung. Aber es ist noch nicht alles gut. Aus meiner Sicht bleibt offen, woher die Bezugsquellen stammen sollten. Man versucht, den Erwerb möglichst aus dem kriminellen Bereich herauszulösen.

Dafür soll es die Cannabis-Klubs geben.

Helten Ja. Dafür gibt es dann Mitgliederbereiche, die möglichst klein bleiben sollen. Aber die Gelegenheitskonsumenten finden kaum Bezugsquellen. Sie müssten ja einem Klub beitreten und wenn ich das mache, bin ich ja eigentlich regelmäßiger Konsument. Auch den Anbau von Pflanzen kann man als guten Schritt sehen. Das ist ja heute schon Realität und wird dann entkriminalisiert, beschränkt auf drei Pflanzen. Aber auch dafür muss man schon ein spezieller Nerd (Anm. d. Red., spezieller Typ Mensch) sein, der sich für die ganze Thematik interessiert. Auch die Mengen, die straffrei erlaubt sind, sind für Süchtige zu gering.

Auch ist noch offen, welche Grenzwerte zukünftig im Straßenverkehr gelten.

Helten Derzeit liegt er bei einem Nanogramm THC pro Milliliter Blut. Es wird diskutiert, ihn auf drei Nanogramm anzuheben. Das ist zwingend erforderlich. Man muss sich vorstellen: Sie fahren Auto, haben nicht unmittelbar zuvor konsumiert und es hat keine Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit und dennoch verlieren sie ihren Führerschein. Wenn der Konsum in Grenzen freigegeben wird, müssen wir neue belastbare Grenzen für die Fahrtauglichkeit finden. Sonst wäre es auch im Hinblick auf Alkohol eine ungerechte Sache.

Findet im Hinblick auf die Debatte genug Präventionsarbeit statt?

Helten Die wird sich definitiv verändern. Sie müsste sich weiterentwickeln und es braucht niederschwelligere Angebote. Der Jugendliche wendet sich nicht an Präventionsquellen und fragt: ‚Wie riskant ist das?‘ Jugendliche erleben Konsum aus dem sozialen Alltag heraus. Der Freundeskreis, die Musik, die Kultur sind die Griffnähe. Jugendliche sind generell von dem Konsum ausgenommen, das wirft Fragen auf: Was machen wir mit den unter 18-Jährigen? Und wie erreichen wir die Zielgruppen mit einer möglichen Suchthaltung. Wie kommen wir zu einer vernünftigen Risikobegleitung? Da müsste sicherlich viel mehr gemacht werden.