Spiel – und Wettsucht – ein weitgehend männliches Phänomen

Ähnlich wie bei den Fallzahlen der Opiatabhängigkeit sind in unserer Glücksspielberatung 9 von 10 pathologischen Glücksspielern männlich. Bundesweit ist das Verhältnis nicht ganz so eindeutig, die Statistiken des SKM lassen jedoch an Klarheit nichts zu wünschen übrig.

Warum ist das so, und was unterscheidet die Männer, die vom Glücksspiel oder vom Wetten – online oder analog- abhängig werden von denen, die sich nach in der Regel durchaus erheblichen finanziellen Verlusten wieder von diesem eher kostspieligen Vergnügen lösen können?

Spieler beschreiben, dass sie sich mit dem Eintreten in die Spielhalle in eine Männerwelt begeben. Die Frauen sind für den Service zuständig. Abgesehen von heute möglichen digitalen Teamspielen erleben sich der Spieler als Einzelkämpfer. Zentralen Themen sind Gewinnen und Konkurrenz.
Ein wenig ist es am Spielautomaten wie beim „marlboro man“ in der Zigaretten Werbung. Man sitzt als einsamer Kämpfer in einem gut gepolsterten Sessel und erlebt die Illusion von Erfolg, Status und dem Leben in einer anderen Welt.

Dann geht es natürlich um Geld, um die Illusion von Reichtum und Erfolg. Obwohl jeder Spieler weiß, dass am Ende immer die Bank gewinnt. Alle Spieler kennen aber den Rausch des Erfolges, wenn man im Verlauf des Spieles mehrere tausend Euro Gewinn „gemacht“ hat, dann aber nicht aufhören konnte und letztlich alles wieder verspielte.

Normalerweise müsste man ja erwarten, dass „Mann“ über sein Scheitern am Automaten reden könnte, ein bisschen mit innerer Distanz und Humor, wie man „so dumm sein konnte, soviel Geld in den Apparat zu werfen, obwohl man doch wusste, dass man verliert“. Aber es geht um eine sehr ernste Sache, eine Sache, die diese Männer nur mit sich ausmachen, über die in der Regel nicht mit Anderen, selbst nicht mit den besten Freunden oder der Familie, geredet wird. Es geht um die Idee, wer man im Leben sein will. Da wird nicht gelacht. Und über seine Gefühle reden, geht schon gar nicht. Dann müsste man ja darüber reden, wie unsagbar schlecht es einem wieder ging, als man erneut wieder mal 2.000 Euro oder mehr verspielt hat – und die Illusion des Sieges sich erneut ins Scheitern drehte.

Das Spielen wirkt sofort auf das Gefühlszentrum im Gehirn, die Spieler erleben sich in einer Weise nahe an ihren Gefühlen – wie es ansonsten bestenfalls noch im Fußballstadion passiert. Die kognitive Sperre im Gehirn wird durch die Schnelligkeit an Reizen einfach übergangen. Im Spiel versunkene Spieler fällt es sehr schwer, zu überlegen, ob es wohl vernünftige Gründe gäbe mit dem Spiel aufzuhören.

Bei den jungen Sportwettern (Tipico /B-Win) handelt es sich vielfach um junge Männer zwischen 20 und 30 Jahre alt, gut ausgebildet, im Studium, langjährig oftmals sehr erfolgreich im Fußball unterwegs, und durchaus kompetent in diesem Feld. Ihnen macht keiner was vor, so denken sie jedenfalls. Die Sportwette bedient ihre Illusionen von Kompetenz, Bedeutung und Erfolg.

Männer, die diesen Mechanismen verfallen, erleben sich letztlich nicht als bedeutsam, achten sich wenig, sind unzufrieden mit ihrem Leben. Die nicht gestillten Bedürfnisse nach Selbstbestimmung, Bedeutsamkeit und Zufriedenheit werfen den Motor des Spielens wieder an. Es sind Männer, die oftmals schon als Kind gelernt haben, dass sie als Jungen nicht reichen, dass sie ihre Bezugspersonen nicht zufrieden stellen. Diese Männer haben schon früh gelernt, dass das Leben ein Kampf ist, dass man siegt oder verliert, und das für sie in der Regel eh die Verliererposition vorgesehen ist. Sei es, weil in ihrem Erleben, – um nur zwei Gründe zu nennen – die Geschwister vorgezogen wurden oder der Vater körperliche Gewalt ausgeübt hat.