Der Lions Club fördert seit vielen Jahren unsere Arbeit im Kolibri Projekt. Nachstehend finden Sie den Abdruck eines Gespräches, dass ich mit Frau Nicola Schulze-Wehning der derzeitigen Präsidentin des Clubs, führen konnte

Der Lions Club Bocholt-Westfalia begleitet und fördert seit seiner Gründung 1998 unsere Arbeit mit den Kindern abhängiger Eltern. Dies geschieht nicht nur dadurch, dass ihr Jahr für Jahr unsere Arbeit mit Geld unterstützt, z.B. Weihnachtsgeschenke für die Kolibrikinder finanziert. Ihr bringt Euch auch immer sehr persönlich und engagiert in die Arbeit mit ein. Zuletzt konnten noch die Kolibri Kinder mehrfach bei Dir zu Hause, Nicola, schöne Stunden verbringen. Was macht den Kern Eurer Vereinsarbeit aus? Warum wird man Mitglied bei den Lions Westfalia?
Der Kern der Vereinsarbeit in den Lions Clubs ist die Umsetzung des Mottos „We Serve“ durch gemeinnützige und karitative Projekte in lokalen Gemeinschaften und darüber hinaus. Unser Lions Club setzt sich für verschiedene Themen ein wie z.B. die Unterstützung von bedürftigen Menschen, besonders vor Ort. Dabei sind uns die von Kolibri betreuten Kinder und Jugendlichen traditionell ein besonderes Anliegen.
Es macht Spaß, Teil unseres Lions Clubs Bocholt-Westfalia zu sein, weil wir so die Möglichkeit haben, gemeinsam mit anderen Gutes zu bewirken und dabei Freundschaften zu knüpfen. Zudem bietet unser Club auch Möglichkeiten zur Horizonterweiterung und somit eine Plattform für die persönliche Entwicklung.

Es fällt auf, dass ihr die Hilfe weltweit mit der Hilfe vor Ort verbindet – zwei Seiten die für Euch anscheinend zusammengehören.
Unser Ziel ist, Not zu lindern, weltweit! Über den Ewaldi-Children-Education-Fond helfen wir Kindern in Uganda. Mitglieder unseres Clubs waren mehrfach vor Ort und haben anschaulich berichtet. Ist humanitäre Hilfe in Afrika wirklich wichtiger als in Bocholt? Humanitäre Hilfe ist dort notwendig, wo immer es Menschen gibt, die Hilfe benötigen – unabhängig von ihrem geografischen Standort. Es berührt uns besonders, Menschen in unserem Umfeld, unserer Stadt, in Not zu wissen. Wir selbst leben in gesicherten Verhältnissen. Trotz des Sozialsystems in Deutschland gibt es Situationen, die insbesondere Kinder und Jugendliche existenziell belasten. Hier hilft Kolibri durch individuelle Beratung und Betreuung, lindert persönliches Leid, entlastet betroffene Familien, stößt positive Entwicklungen an und zeigt Perspektiven auf. Unser Club ist stolz darauf, Kolibri bei dieser wichtigen Arbeit unterstützen zu dürfen, persönliche Bindungen zu den Betreuern aufgebaut zu haben und die erfolgreiche Arbeit zu verfolgen.

Manchmal scheint es, dass an vielen Stellen das Engagement für andere in unserer Gesellschaft zurückgeht. Vieles wird anonymer. Manche kennen ihre Nachbarn nicht mehr. Viele Menschen ziehen sich mehr und mehr in ihre Privatsphäre zurück. Die Mitgliederzahlen in vielen Vereinen nehmen dramatisch ab. Corona war für diese Entwicklung noch ein Treiber. Mit Eurer sozialen Arbeit tut ihr konkret etwas für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Ja, dieser Trend ist unübersehbar – und es ist wichtig für die Zukunft unserer Gesellschaft, etwas dagegen zu unternehmen. Wir müssen mehr persönliche Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen und pflegen, indem wir uns engagieren und in der Gemeinschaft aktiv werden, indem wir uns für gemeinsame Interessen und Werte einsetzen und andere ermutigen, dasselbe zu tun. Um die zunehmend fehlende Solidarität der Menschen untereinander zu verbessern, ist es wichtig, Empathie und Mitgefühl zu fördern, auf die Bedürfnisse anderer zu achten, sich für Gerechtigkeit einzusetzen. Genau dafür steht unser Club. Unser Engagement für Kolibri profitiert davon, dass wir im Rahmen verschiedener Veranstaltungen die betreuten Kinder und Jugendlichen persönlich kennenlernen und eben nicht nur anonym Spenden überweisen.

Sucht ist alltäglich und alles andere als ein Phänomen bestimmter Gesellschaftsschichten. Wie nah ist Euch dieses Thema? Habt ihr selber schon Personen, vielleicht Familien kennengelernt, die von den Folgen des unkontrollierten Konsums von Drogen, Alkohol, Spielsucht betroffen sind? Wie nah sind Euch diese Schicksale gekommen?
Einige unserer Mitglieder kennen derartige Fälle aus ihrem allernächsten persönlichen Umfeld. Diese Schicksale kommen uns sehr nahe und führen uns vor Augen, wie allgegenwärtig das Thema Sucht in der Gesellschaft ist. Zerrüttete Familien, vernachlässigte Kinder, Tod durch Überdosis oder Suizid, Suchtkrankheiten über Generationen hinweg – und das manchmal erst beim Blick hinter die Kulissen. Genau dort unterstützen wir, helfen wir den jungen Menschen in unserer Gesellschaft, durch die Stärkung der Persönlichkeit eine gute Perspektive für ihr Leben zu entwickeln.

Mittlerweile hat wohl jeder verstanden, dass der lock down von Kindergärten und Schulen, insgesamt der Verlust am sozialen Miteinander in der Corona-Zeit für viele, insbesondere aber für viele Kinder nicht folgenlos geblieben ist. Es wird z.B. von einer deutlichen Zunahme an depressiven Störungen, aber auch des Handy-Konsums bei Kindern und Jugendlichen nach Corona berichtet (Die Kinder- und Jugendpsychiatrien laufen über. Termine bei Kinder- und Jugendtherapeuten zu bekommen ist oft nur mit sehr langer Wartezeit möglich).
Kindern von Suchtmittelabhängigen war das Thema Isolation nie unbekannt. Sie zogen sich aus Scham über ihr häusliches Umfeld schon immer „freiwillig“ aus den sozialen Kontakten, den Vereinen, ihren Freundeskreisen zurück. Ihr erlebt jedes Jahr die Kolibri-Kinder z.B. bei der Weihnachtsfeier oder wie im Herbst letzten Jahres, Nicola, bei Dir zu Hause. Wie erlebt ihr diese Kinder?
Besonders beeindruckt hat uns die Aussage eines Mädchens bei der Kolibri-Weihnachtsfeier, dies sei ihr einziges Weihnachtsfest, zuhause werde Weihnachten nicht gefeiert. Anschaulicher kann man die Bedeutung der Arbeit von Kolibri nicht darstellen. Bei mir privat auf dem Hof haben die Kinder gespielt und ganz entspannt die Bewegungsspielräume genutzt. Mir fiel auf, wie sehr die Kinder aufeinander geachtet haben und Hinweisen der Betreuer gefolgt sind. Bei der Begegnung mit unseren Welpen war ich beeindruckt von der Geduld und Behutsamkeit im Umgang mit den Tieren. Individuelle Unterschiede waren offensichtlich, von ausgelassen und extrovertiert bis hin zu schüchtern und verträumt – dennoch war ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl deutlich wahrnehmbar.

Wie wichtig ist für Euch die alljährliche Teilnahme an der Weihnachtsfeier der Kolibris?
Die Teilnahme an der Weihnachtsfeier der Kolibris ist eine Tradition und ein Highlight für unseren Club. Die Mitarbeitenden schaffen eine familiäre, gemütliche und feierliche Atmosphäre. Der Umgang mit uns Lions als Sponsoren und Gäste ist offen und ungezwungen. Wir genießen die Gemeinsamkeit, die Weihnachtsgeschichte und das leckere Essen. Es ist einfach ein gutes Gefühl, dazu beizutragen, diesen jungen Menschen eine Weihnachtsfreude zu bereiten. Diese schöne Feier ist immer wieder ein Motivationsschub für unser Engagement im nächsten Jahr.

Ihr habt uns ein Stück durch die Zeit getragen. Diese Verlässlichkeit im Engagement war es, die, trotz der chronischen Unterfinanzierung, uns nie am Fortbestand des Projektes hat zweifeln lassen. Uns bleibt nur, Euch und allen Mitgliedern des Lions Club Bocholt-Westfalia einen herzlichen Dank für dieses langjährige Engagement auszusprechen.