Suchtprävention U25 in SGB II Projekten des Job Centers

Ende 2017 hat das Kreis-Jobcenter vermehrt Rückmeldungen von Trägern von beruflichen Integrationsmaßnahme U25 erhalten, dass bei einigen Teilnehmern ein vermehrter Konsum von Suchtmitteln festzustellen sei und in Einzelfällen bereits eine Abhängigkeitsproblematik möglich erscheint.

In Absprache mit dem SKM Bocholt wurde zur Verbesserung der Integrationschancen dieser Zielgruppe ein aufsuchendes Suchtberatungsangebot zunächst im Umfang einer 0,5 Stelle für die Region Bocholt, Rhede, Isselburg in den Maßnahmen implementiert. Aufgrund der hierbei nochmals bestätigten Bedarfe, aber auch aufgrund guter Beratungsergebnisse kann dieses suchtpräventive Angebot 2022 auf den gesamten Südkreis im Rahmen einer 1,0 Stelle ausgeweitet werden.

Es hat sich im Beratungskontakt herausgestellt, dass ein Teil der Maßnahmeteilnehmer schon früh im gesundheitsgefährdenden Umfang zu Suchtmitteln greift, bzw. aus Familien kommt, in denen der Konsum von Suchtmitteln prägend ist. Unmittelbare, aber auch die mittelbare Betroffenheit stellen erhebliche Integrationshindernisse bzw. Integrationsrisiken dar. Hinzu kommen oft weitere psychosoziale Problemlagen, die noch nicht von anderer Stelle aufgefangen werden konnten und im Rahmen des Moduls bearbeitet werden. Hierzu zählen beispielsweise erhebliche motorische Unruhe, depressive bzw. aggressive Problematiken, Stimmungsschwankungen der Teilnehmer u.a.m.
Die Bandbreite der Konsumstoffe reicht vom Alkohol zu nahezu allen illegalen Drogen bis zur Mediensucht, dem pathologischen Glücksspiel bzw. die pathologisch ausgeübten Sportwetten. Von Jahr zu Jahr nimmt zudem die Problematik eines abhängigen Verhaltens am Smart-Phone (nicht nur) bei dieser Zielgruppe zu.

Die betroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollen durch das Angebot zu einer Konsumfolgeabschätzung aber auch ggf. zu einer Verhaltensänderung befähigt werden. Wenn erforderlich werden sie z.B. ermutigt, Rückzugstendenzen in dysfunktionale Milieus entgegenzuwirken und verstärkt wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Wenn nötig werden Entzugs- oder Entwöhnungsbehandlungsmaßnahmen vorbereitet.

 


U 25 Projekt (ALG II)

Er ist sehr laut in den Gruppen, die an der Berufsbildungsstätte wöchentlich stattfinden. Er steht gerne im Mittelpunkt, fällt sofort auf. Bei den Lehrern, den Ausbildungsbegleitern und auch bei mir zunächst jedoch eher negativ. Es fällt schwer, ihm zu folgen, ihn dazu zu bewegen, sich an Gesprächsregeln zu halten. Hier und da bricht der harte Kern auf und er berichtet, wenn auch nur kurz, von seiner Familie und den Streitereien, denen er sich zu Hause ständig ausgesetzt sieht. Er konsumiert viel und gerne Drogen. Ist sehr risikobereit und prahlt damit, was er alles schon „probiert“ hätte. Ich erkenne ihn als „Experten“ an, frage ihn häufig nach seiner Einschätzung zu bestimmten Suchtstoffen. Nun steht er auch im Mittelpunkt. Aber zunehmend positiver. In seinen Erzählungen kann er seine eigenen Erfahrungen einbauen. Hier wird er oft ernst und beschreibt anschaulich die Risiken, die der Konsum mit sich bringt. Sein auffälliges, provozierendes Verhalten weicht einer Neugier in den Gruppen. Als ich nach Freiwilligen frage, die eine kommende Gruppensitzung vorbereiten und moderieren wollen, meldet er sich als Erster. Ich bin erstaunt und spiegele ihm seinen Mut. Etwas verlegen ist seine Reaktion, aber man sieht ihm seine Vorfreude an. Die Gruppe unter seiner „Leitung“ ist ein voller Erfolg! Er hat sich schriftlich vorbereitet und trägt sehr anschaulich vor. Fragen der anderen Teilnehmer kann er gut beantworten. Zum Schluss gebe ich ihm ein sehr gutes Feedback. Zu meinem großen Erstaunen berichtet er mir, dass es sein erster Vortrag überhaupt war. Er sei sehr stolz auf sich und überrascht, was er schaffen kann, wenn es ihm auch zugetraut wird.

Ahmed, 16 Jahre alt