Beratung zur Alkoholsucht bleibt in Bocholt hoch – Suchtberatung des SKM führte 2018 fast 2400 Einzelgespräche
BBV, Theo Theissen / Sven Betz vom 16.02.2019
Wir danken dem BBV und dem Fotografen Sven Betz, dass wir den Bericht und das Foto hier übernehmen dürfen.
Bocholt – Die SKM-Suchtberatung in Bocholt hat viel zu tun. Während die Anzahl der Beratungen für Drogen- und Alkoholabhängige gleichbleibend, aber auf hohem Niveau ist, gibt es eine deutlich gestiegene Nachfrage nach Gesprächen zur Glücksspiel- und Onlinesucht.
Während die Drogen-, Alkohol- und andere Suchtprobleme den Katholischen Verein für soziale Dienste Bocholt (SKM) gleichbleibend, aber auf hohem Niveau beschäftigen, hat die Zahl der Glücksspielsüchtigen in Bocholt deutlich zugenommen. SKM-Geschäftsführer Berthold Tenhonsel und sein Team können sich über zu wenig Arbeit nicht beklagen. Der Wunsch nach Beratung und Hilfestellung sei in allen Bereichen gleichbleibend stabil. Dies gelte auch für die anderen SKM-Beratungsdienste wie beispielsweise die Familienberatung. Allein im Jahr 2018 führten sie fast 2400 Einzelgespräche in der Bocholter Drogen- und Suchtberatungsstelle – und es werde nicht weniger, sagt Tenhonsel. „Die Bereitschaft, Hilfsangebote anzunehmen, steigt“, sagt Tenhonsel.
Von einem geradezu „explosionsartigen Anstieg“ an Beratungsgesprächen spricht Tenhonsel mit Blick auf junge, gewaltbereite Männer. Meist handele es sich dabei um 20- bis 25-jährige Männer, die in ihrer Lebenssituation mit Perspektivlosigkeit, Mobbing und Gewalt oder Überforderung zu kämpfen haben und oft von Depressionen geprägt seien. Nicht wenige von ihnen leiden auch als Erwachsene unter Gewalterfahrungen, die sie in der Kindheit erlebt haben, sagt Tenhonsel. Auch die Beratung Online-Süchtiger nehme in Bocholt zu. „Immer mehr Menschen verfallen dem Glücksspiel entweder am heimischen PC oder in der Spielhalle“, sagt Tenhonsel.
„In Fachkreisen geht man heute davon aus, dass bundesweit etwa 4,8 Prozent an einer Alkoholabhängigkeit leiden und weitere 4,7 Prozent Alkoholmissbrauch betreiben“, sagt Tenhonsel. Bei Frauen liegen die Werte bei 2,2 Prozent Abhängigkeit und 1,5 Prozent Missbrauch. Addiert man diese Werte, leiden ungefähr 13 Prozent der Erwachsenen unter einer Alkoholabhängigkeit oder betreiben missbräuchlichen Alkoholkonsum.“ Hinzu kämen noch die Konsumenten illegaler Drogen.
Von einem missbräuchlichen Konsum spreche man, wenn jemand täglich Alkohol in einer nicht gesundheitsgefährdenden Menge konsumiere oder sich einen entspannten Abend ohne Alkohol nicht mehr vorstellen kann und Alkohol zur Stimmungsregulation einsetze. „Lange nicht jeder, der missbräuchlichen Konsum betreibt, entwickelt auch eine Alkoholabhängigkeit“, sagt Tenhonsel. Allerdings sei der Übergang vom Missbrauch zur Abhängigkeit oft fließend.
In den Beratungsgesprächen werde immer wieder deutlich, dass viele Menschen in Bocholt von mehreren Teilzeitbeschäftigungen oder Zeitarbeitsverträgen leben. Suchtkranke seien oft einem starken familiären oder beruflichen Druck ausgesetzt, dem sie nur schwer oder gar nicht standhalten können.
Das vom SKM und Kreuzbund gegründete Projekt Kolibri gibt es mittlerweile seit 30 Jahren. Es dient zur Stabilisierung von Kindern, deren Eltern suchtkrank sind und finanziert sich zu 75 Prozent aus Spenden. „Wir wissen heute, dass die Suchterkrankung der Eltern oft mit psychischen Erkrankungen einhergeht und dass die Kinder nicht nur vom Konsum, sondern oft auch von der emotionalen Unausgeglichenheit oder Angespanntheit der Eltern betroffen sind.
„Mit den Ergebnissen sind wir zufrieden. Gerade in der Gruppe der Älteren beobachten wir, dass Kolibri-Kinder durch die Gruppen- und Einzelarbeit einen Weg gefunden haben, deutlich besser mit ihrer persönlichen Lebenssituation klarzukommen“, sagt Tenhonsel.