Der SKM, Katholischer Verein für soziale Dienste e.V., setzt sich mit seinen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern für Menschen in Notlagen, die Rat und Hilfe suchen, ein. Dies tut er unabhängig von Religion, Nationalität, Geschlecht oder Stand des Hilfesuchenden.

Wir sind ein selbständiger und eingetragener Verein unter dem Dach der Caritas in Münster sowie Mitglied des SKM Bundesverbandes und handeln auf der Basis des christlichen Selbstverständnisses, ansonsten unabhängig und parteipolitisch nicht gebunden.

Keimzelle der Sozialen Arbeit des SKM in Bocholt war ein Beratungsangebot für Familien und Menschen in schwierigen Lebenslagen, aber schon seit über 25 Jahren haben wir mit der Sucht- und Drogenberatung weitere Standbeine hinzugewonnen. Je nach Einzelfall bieten wir im Rahmen dieser Angebote ambulante oder vermitteln in stationäre Entwöhnungstherapien.

Neben den Sucht- und Drogenberatung bildet mittlerweile das Ambulant betreute Wohnen für abhängigkeits- und seelisch erkrankte Menschen einen weiteren wichtigen Pfeiler unserer Arbeit.

Von Beginn haben wir immer wieder auf die besonderen Lebenslagen von  Jungen und Männern abgestimmte Angebote entwickelt. Die seit ca. 10 Jahren stattfindenden Bocholter Männertage erfreuen sich überregionaler Aufmerksamkeit. In dieser Tradition und mit Unterstützung des Diozesan-Caritasverbandes und des SKM Bundesverbandes konnten wir ab Januar 2017 Jungen- und Männerarbeit, auch im Sinne einer Krisen- und Gewaltberatung für Jungen und Männer, in unser ständiges Angebot mit aufnehmen.

Seit über 20 Jahren kümmern wir uns im Rahmen unserer Präventionsarbeit im Projekt Kolibri um Kinder und Heranwachsende aus Familien abhängiger Eltern. Uns freut sehr, dass dieses Projekt in Bocholt viele Freunde und Unterstützer, so z.B. den Lions Club Westfalia,  gefunden hat.

Auch Sie können unsere Arbeit unterstützen: ehrenamtlich, durch Spenden oder als Mitglied.
Für weitere Informationen, Rückmeldungen und Anregungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Nehmen Sie dazu einfach Kontakt per Telefon 02871 8891 oder E-Mail zu uns auf.

Tätigkeitsbericht 2022 des SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste e.V. (pdf Download)

Tätigkeitsbericht 2022

Ich möchte Sie einladen, sich auf den folgenden Seiten des Tätigkeitsberichtes 2022 in die detaillierten Berichte der einzelnen Fachdienste einzulesen.

Berthold Tenhonsel

Tätigkeitsbericht SKM-Bocholt 2022 (2 MByte pdf)

Eindrücke aus der Männerberatung (Andreas Böggering)

In der Regel kommen Männer zu mir in die Beratung, wenn sie in einer schwierigen Lebenssituation sind. In einer Krise sind. KRISE? Viele Männer nehmen diese Krise gar nicht als Krise war. Denn wer ist schon gerne in einer Krise? Und überhaupt: haben wir nicht alle die Schnauze voll von der Krise!? Wirtschaftskrise, Gesundheitskrise, Ökologische Krise, Glaubenskrise… All das reicht im Grunde genommen schon! Und bei alledem soll ich noch eine eigene, ganz individuelle Lebenskrise haben…!?

Zunächst geht es darum, die eigene Krise wahrzunehmen und anzunehmen. „Mann“ darf in einer Krise sein und bleibt dennoch männlich. In einer Krise werde ich mit Ereignissen und Lebensumständen konfrontiert, die ich im Augenblick nicht bewältigen kann. Meine bisherigen Bewältigungsstrategien laufen ins Leere. Ich habe keinen klaren Blick mehr auf die Dinge, auf die Ereignisse. Auf das, was um mich herum und in mir passiert. Ich kann das alles nicht mehr einordnen. Mir fehlen dann die Worte. Ich verfalle in einer Art Starre. Ich wünsche mir Hilfe und ich möchte mich schützen. Und dann gibt es auch Momente, in denen ich staune, über das, was gerade geschieht…

Krisen sind natürlich und gehören dazu. Ohne Krisen kann die Natur, alles Leben nicht dauerhaft überleben. Und auch wir Männer sind ein Teil des großen Ganzen und können nur überleben, wenn wir unsere Krisen annehmen und in angemessener Art und Weise darauf reagieren. Bei den zunehmenden Herausforderungen, Erwartungen, nicht planbaren Entwicklungen und katastrophalen Ereignissen sind individuelle Krisen sogar vorprogrammiert und notwendig. „Besondere Situationen verlangen besondere Verhaltensweisen.“

In einer Krise werden meine Grundbedürfnisse nicht erfüllt. Ich fühle mich „unzufrieden“, vielleicht sogar bedroht. Meine Unzufriedenheit zeigt sich in unterschiedlichen GEFÜHLEN und den damit verbunden Verhaltensweisen. Männer neigen dazu, alles mit sich selbst auszumachen. „Denn Selbst ist der Mann. Alles, was von selbst kommt, geht auch wieder von selbst weg.“
Aus der Krise heraus führt nur ein Weg: Der Pfad der eigenen Gefühle und Bedürfnisse, der allerdings auf vielen männlichen Landkarten nicht verzeichnet ist…

Für Männer sind Gefühle ein schwieriges Thema. Die Wahrnehmung, Unterscheidung und Akzeptanz von Gefühlen sind häufig unbekannte Länder. Diese unbekannten Länder dann zu beschreiben, ist schon abenteuerlich.

In der Krisenberatung geht es darum, diese abenteuerliche Reise mit einem Fremdenführer anzutreten. Die passende persönliche Ausstattung zusammen zu stellen, zu erproben, das Abenteuerland zu durchstreifen und zu erleben. Während der Reise lassen sich eine Vielzahl von Gefühlen entdecken. Besonders „weiche“ Gefühle wie Scham, Angst, Trauer und Hilflosigkeit sind herausfordernd und wirken gefährlich, da sie nicht dem stereotypischen Männerbild entsprechen.

Zur persönlichen Grundausstattung gehören mehr „kraftvolle“ Gefühle wie, Stolz, Freude und Wut. Wenn Gefühle auftauchen, die nicht verarbeitet werden können, werden sie in der Regel abgewehrt und beiseitegelegt. Zu den Abwehrmechanismen zählen insbesondere Schweigen, Konfliktvermeidung, Rationalität, Gewalt, Sucht und Selbstdarstellung.

Die große Chance in der Krise liegt darin, seine bisherige Lebensweise, seine Ziele, Wünsche und Bedürfnisse zu hinterfragen und auf dem aktuellen Stand zu bringen. Hierbei ist es vorteilhaft einen anderen Mann an seiner Seite zu haben, der einen aus einer vorurteilsfreien Haltung begleitet und unterstützt.

Die Entwicklung bei den neuen psychoaktiven Substanzen (NPS)

In unserer Beratungsarbeit, aber auch im Austausch mit Netzwerkpartnern wie der offenen Jugendarbeit oder Einrichtungen von Bildungsträgern oder Schulsozialarbeiter:innen, stellen wir immer mehr fest, dass der Konsum von sogenannten neuen psychoaktiver Substanzen (NPS) wie beispielsweise synthetische Cannabinoide bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen weiter zunimmt.
Die Betroffenen selbst erzählen oft mit großer Unbedarftheit über eine große Experimentierfreudigkeit, wenn es um diese neue synthetische Substanzgruppen geht.
Neue psychoaktive Substanzen (NPS) sind Rauschmittel, die chemisch so konzipiert wurden, dass sie die Wirkung illegaler (und legaler) Substanzen wie Cannabis, Stimulanzien vom Amphetamin Typ, Kokain und Halluzinogene (und Medikamente wie Opioide & Benzodiazepine) nachahmen.
Synthetische Cannabinoide im speziellen sind ebenfalls chemische Verbindungen, die künstlich hergestellt werden und die Wirkung von natürlichen Cannabinoiden imitieren. Sie werden häufig als legale Alternativen zu Tetrahydrocannabinol (THC), dem psychotropen Wirkstoff aus Cannabis, verkauft und als „Legal Highs“ oder „Research Chemicals“ bezeichnet.
Der Gesetzgeber hat im Zuge dessen reagiert und am 26. November 2016 erstmalig durch das „Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz“ (NpSG) komplette Substanzgruppen unter Strafe gestellt, die jeglichen psychoaktiven Substanzen zugeordnet werden konnten. Das Betäubungsmittelgesetz hinkt jedoch der realen Konsumwelt hinterher, da ständig neue Substanzverbindungen auf den in der Regel illegalen Markt geworfen werden.
Die Wirkstoffe in synthetischen Cannabinoiden können beim Konsum jedoch sehr viel stärker sein als THC und unerwartete, gefährliche Wirkungen auslösen, wie Übelkeit, Angstzuständen, Halluzinationen, Herz-Kreislauf-Probleme und sogar Koma oder Todesfälle. Da kein Gegenmittel gegen synthetische Cannabinoide besteht, ist die notfallmedizinische Behandlung im Falle einer Überdosis erschwert.
Der Konsum geht für den Konsumenten mit hohen Risiken einher. Experten und Beratungsstellen warnen explizit davor, diese Substanzen, insbesondere synthetische Cannabinoide zu konsumieren.

Der Lions Club fördert seit vielen Jahren unsere Arbeit im Kolibri Projekt. Nachstehend finden Sie den Abdruck eines Gespräches, dass ich mit Frau Nicola Schulze-Wehning der derzeitigen Präsidentin des Clubs, führen konnte

Der Lions Club Bocholt-Westfalia begleitet und fördert seit seiner Gründung 1998 unsere Arbeit mit den Kindern abhängiger Eltern. Dies geschieht nicht nur dadurch, dass ihr Jahr für Jahr unsere Arbeit mit Geld unterstützt, z.B. Weihnachtsgeschenke für die Kolibrikinder finanziert. Ihr bringt Euch auch immer sehr persönlich und engagiert in die Arbeit mit ein. Zuletzt konnten noch die Kolibri Kinder mehrfach bei Dir zu Hause, Nicola, schöne Stunden verbringen. Was macht den Kern Eurer Vereinsarbeit aus? Warum wird man Mitglied bei den Lions Westfalia?
Der Kern der Vereinsarbeit in den Lions Clubs ist die Umsetzung des Mottos „We Serve“ durch gemeinnützige und karitative Projekte in lokalen Gemeinschaften und darüber hinaus. Unser Lions Club setzt sich für verschiedene Themen ein wie z.B. die Unterstützung von bedürftigen Menschen, besonders vor Ort. Dabei sind uns die von Kolibri betreuten Kinder und Jugendlichen traditionell ein besonderes Anliegen.
Es macht Spaß, Teil unseres Lions Clubs Bocholt-Westfalia zu sein, weil wir so die Möglichkeit haben, gemeinsam mit anderen Gutes zu bewirken und dabei Freundschaften zu knüpfen. Zudem bietet unser Club auch Möglichkeiten zur Horizonterweiterung und somit eine Plattform für die persönliche Entwicklung.

Es fällt auf, dass ihr die Hilfe weltweit mit der Hilfe vor Ort verbindet – zwei Seiten die für Euch anscheinend zusammengehören.
Unser Ziel ist, Not zu lindern, weltweit! Über den Ewaldi-Children-Education-Fond helfen wir Kindern in Uganda. Mitglieder unseres Clubs waren mehrfach vor Ort und haben anschaulich berichtet. Ist humanitäre Hilfe in Afrika wirklich wichtiger als in Bocholt? Humanitäre Hilfe ist dort notwendig, wo immer es Menschen gibt, die Hilfe benötigen – unabhängig von ihrem geografischen Standort. Es berührt uns besonders, Menschen in unserem Umfeld, unserer Stadt, in Not zu wissen. Wir selbst leben in gesicherten Verhältnissen. Trotz des Sozialsystems in Deutschland gibt es Situationen, die insbesondere Kinder und Jugendliche existenziell belasten. Hier hilft Kolibri durch individuelle Beratung und Betreuung, lindert persönliches Leid, entlastet betroffene Familien, stößt positive Entwicklungen an und zeigt Perspektiven auf. Unser Club ist stolz darauf, Kolibri bei dieser wichtigen Arbeit unterstützen zu dürfen, persönliche Bindungen zu den Betreuern aufgebaut zu haben und die erfolgreiche Arbeit zu verfolgen.

Manchmal scheint es, dass an vielen Stellen das Engagement für andere in unserer Gesellschaft zurückgeht. Vieles wird anonymer. Manche kennen ihre Nachbarn nicht mehr. Viele Menschen ziehen sich mehr und mehr in ihre Privatsphäre zurück. Die Mitgliederzahlen in vielen Vereinen nehmen dramatisch ab. Corona war für diese Entwicklung noch ein Treiber. Mit Eurer sozialen Arbeit tut ihr konkret etwas für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Ja, dieser Trend ist unübersehbar – und es ist wichtig für die Zukunft unserer Gesellschaft, etwas dagegen zu unternehmen. Wir müssen mehr persönliche Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen und pflegen, indem wir uns engagieren und in der Gemeinschaft aktiv werden, indem wir uns für gemeinsame Interessen und Werte einsetzen und andere ermutigen, dasselbe zu tun. Um die zunehmend fehlende Solidarität der Menschen untereinander zu verbessern, ist es wichtig, Empathie und Mitgefühl zu fördern, auf die Bedürfnisse anderer zu achten, sich für Gerechtigkeit einzusetzen. Genau dafür steht unser Club. Unser Engagement für Kolibri profitiert davon, dass wir im Rahmen verschiedener Veranstaltungen die betreuten Kinder und Jugendlichen persönlich kennenlernen und eben nicht nur anonym Spenden überweisen.

Sucht ist alltäglich und alles andere als ein Phänomen bestimmter Gesellschaftsschichten. Wie nah ist Euch dieses Thema? Habt ihr selber schon Personen, vielleicht Familien kennengelernt, die von den Folgen des unkontrollierten Konsums von Drogen, Alkohol, Spielsucht betroffen sind? Wie nah sind Euch diese Schicksale gekommen?
Einige unserer Mitglieder kennen derartige Fälle aus ihrem allernächsten persönlichen Umfeld. Diese Schicksale kommen uns sehr nahe und führen uns vor Augen, wie allgegenwärtig das Thema Sucht in der Gesellschaft ist. Zerrüttete Familien, vernachlässigte Kinder, Tod durch Überdosis oder Suizid, Suchtkrankheiten über Generationen hinweg – und das manchmal erst beim Blick hinter die Kulissen. Genau dort unterstützen wir, helfen wir den jungen Menschen in unserer Gesellschaft, durch die Stärkung der Persönlichkeit eine gute Perspektive für ihr Leben zu entwickeln.

Mittlerweile hat wohl jeder verstanden, dass der lock down von Kindergärten und Schulen, insgesamt der Verlust am sozialen Miteinander in der Corona-Zeit für viele, insbesondere aber für viele Kinder nicht folgenlos geblieben ist. Es wird z.B. von einer deutlichen Zunahme an depressiven Störungen, aber auch des Handy-Konsums bei Kindern und Jugendlichen nach Corona berichtet (Die Kinder- und Jugendpsychiatrien laufen über. Termine bei Kinder- und Jugendtherapeuten zu bekommen ist oft nur mit sehr langer Wartezeit möglich).
Kindern von Suchtmittelabhängigen war das Thema Isolation nie unbekannt. Sie zogen sich aus Scham über ihr häusliches Umfeld schon immer „freiwillig“ aus den sozialen Kontakten, den Vereinen, ihren Freundeskreisen zurück. Ihr erlebt jedes Jahr die Kolibri-Kinder z.B. bei der Weihnachtsfeier oder wie im Herbst letzten Jahres, Nicola, bei Dir zu Hause. Wie erlebt ihr diese Kinder?
Besonders beeindruckt hat uns die Aussage eines Mädchens bei der Kolibri-Weihnachtsfeier, dies sei ihr einziges Weihnachtsfest, zuhause werde Weihnachten nicht gefeiert. Anschaulicher kann man die Bedeutung der Arbeit von Kolibri nicht darstellen. Bei mir privat auf dem Hof haben die Kinder gespielt und ganz entspannt die Bewegungsspielräume genutzt. Mir fiel auf, wie sehr die Kinder aufeinander geachtet haben und Hinweisen der Betreuer gefolgt sind. Bei der Begegnung mit unseren Welpen war ich beeindruckt von der Geduld und Behutsamkeit im Umgang mit den Tieren. Individuelle Unterschiede waren offensichtlich, von ausgelassen und extrovertiert bis hin zu schüchtern und verträumt – dennoch war ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl deutlich wahrnehmbar.

Wie wichtig ist für Euch die alljährliche Teilnahme an der Weihnachtsfeier der Kolibris?
Die Teilnahme an der Weihnachtsfeier der Kolibris ist eine Tradition und ein Highlight für unseren Club. Die Mitarbeitenden schaffen eine familiäre, gemütliche und feierliche Atmosphäre. Der Umgang mit uns Lions als Sponsoren und Gäste ist offen und ungezwungen. Wir genießen die Gemeinsamkeit, die Weihnachtsgeschichte und das leckere Essen. Es ist einfach ein gutes Gefühl, dazu beizutragen, diesen jungen Menschen eine Weihnachtsfreude zu bereiten. Diese schöne Feier ist immer wieder ein Motivationsschub für unser Engagement im nächsten Jahr.

Ihr habt uns ein Stück durch die Zeit getragen. Diese Verlässlichkeit im Engagement war es, die, trotz der chronischen Unterfinanzierung, uns nie am Fortbestand des Projektes hat zweifeln lassen. Uns bleibt nur, Euch und allen Mitgliedern des Lions Club Bocholt-Westfalia einen herzlichen Dank für dieses langjährige Engagement auszusprechen.

10.000 Euro Spende für Kolibri

Berthold Schröder (links), Berthold Tenhonsel und Christiane Wiesner (Mitte) vom SKM freuen sich über den Scheck, den Barbara Schweers (von links), Isabell Terheyden, Mechthild Schmeink und Dr. Nicola Schulze Wehninck vom Lions Club Bocholt-Westfalia überreichten. Foto: Sven Betz

Berthold Schröder (links), Berthold Tenhonsel und Christiane Wiesner (Mitte) vom SKM freuen sich über den Scheck, den Barbara Schweers (von links), Isabell Terheyden, Mechthild Schmeink und Dr. Nicola Schulze Wehninck vom Lions Club Bocholt-Westfalia überreichten. Foto: Sven Betz

BBV vom 06.04.2023
Wir danken dem BBV und dem Fotografen Sven Betz, dass wir den Bericht und das Foto hier übernehmen dürfen.

Bocholt (pam) Mit einem Scheck über 9.999 Euro unterstützt der Lions Club Bocholt-Westfalia die Arbeit des Projekts „Kolibri“ des SKM (Katholischer Verein für soziale Dienste Bocholt). „Kolibri“ kümmert sich um Kinder und Jugendliche mit alkoholkranken Vätern oder Müttern. Das früher Bundesmodellprojekt ist auf Spenden angewiesen und wird seit Jahren maßgeblich von den Lions-Damen unterstützt. Wie der Lions Club mitteilt, ist der Betreuungsbedarf durch die Coronazeit stark gestiegen. Das gespendete Geld kommt zum einen aus dem Verkauf der „Lions-Lieblinge“ (Bocholter Genussboxen), die der Lions Club im November verkaufte, zum anderen aus dem Verkauf von Waffeln bei der Adventsausstellung bei Garten Meteling.

Gespräch über eine modellierte Skulptur in der Suchtarbeit

Skulptur SuchtarbeitWenn Sie auf die Figur schauen, was sehen Sie?
Meine Idee war, dass ich irgendwas darüber mache, dass ich mich alleine fühle. Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Die Figur habe ich während meiner stationären Entwöhnungstherapie gemacht, ich war auch bei dem Erstellen alleine im Raum.

Skulptur Suchtarbeit

Skulptur Suchtarbeit

Erkennen Sie sich in der Figur wieder?
Ich sehe, wenn ich auf die Figur schaue den Tod. Damals war das mein größter Wunsch, mit nichts mehr was zu tun haben. Ich wollte Sterben, das habe ich auch mehrfach versucht, bin auf Intensivstation mehrfach aufgewacht. Von da aus bin ich dann in die Psychiatrie gekommen. Auch auf der Psychiatrie war ich noch sehr nah an der Todessehnsucht, ich wollte nur alleine sein, den ganzen Tag im Bett liegen, nur wenn ich angesprochen wurde, habe ich reagiert.

Das hört sich nach einer totalen Abwehrhaltung an.
Ich hatte keinen Kontakt zu anderen, das ging über drei Monate. Sport in der Klinik hat mir geholfen, mich wieder zu erleben, insbesondere der Mannschaftssport hat mir gutgetan, Wir haben Indiaca gespielt. Die Figur habe ich in dieser Zeit gemacht. Der unterste Kopf spricht mich besonders an, Kommunikation ist und war immer eine Schwachstelle von mir. Manchmal ist der Mund einfach zugenagelt, besonders in Konfliktsituationen. Ich kann den anderen dadurch bestrafen, dass ich nichts sage, damit kann ich andere in den Wahnsinn treiben. Meine Ex-Freundin hat das gehasst, ich konnte zwei Tage lang schweigen.

Können Sie dieses Verhalten mit ihrer Lebensgeschichte in Beziehung bringen?
Bei uns zu Hause wurde nie geredet, Vater und Mutter haben immer Machtworte gesprochen, und dann wurde funktioniert. Erst mit 14 habe ich Widerworte gegeben, war dann eher patzig.

Warum sind die Augen schwarz?
Die stehen für meine schwarze Seele, für Pein, Trauer, Leere, Aufgeben …. Ja das war damals schon ganz schön düster.

Skulptur Suchtarbeit

Warum haben sie Rosen zum Verschließen von Augen, Ohren und Mund gewählt?
Weiß ich auch nicht, auch jetzt habe ich keine Idee, vielleicht deswegen weil sie relativ leicht zu machen waren, es macht ja auch nicht ganz so dunkel.

Mir fallen die grünen Blätter und die Rosen auf.
Ein bisschen Optik musste noch dran. Ich bin gerne in der Natur, da habe ich das Joggen angefangen, irgendwas musste man ja machen. Ich erinnere mich noch an meine Jugend, wir waren immer mit der Clique draußen, das war eine schöne Zeit, im Gegensatz zu Hause fühlte ich mich draußen mit der Clique wohl. Auch wenn das Miteinander aus Rauchen und Saufen bestand. Erlebt habe ich Kameradschaft, wir waren aufeinander eingeschworen. Wir verbrachten unsere gemeinsame Zeit in der Natur. Ich habe damals Blätter gesammelt und Formen damit ausgedrückt.

Den Schädel habe ich so eckig gemacht, weil er an das mexikanische Todesfest erinnern sollte. Die feiern den Tod, genauso bringen sie Tod und Leben zusammen.

Wie sehen Sie den mittleren Kopf?
Wie einen Roboter, wie eine Maske.

Kennen Sie ähnliche Zustände bei sich?
Ich hatte immer eine gute Fassade, Probleme hatte ich immer, habe mir nie was anmerken lassen. Die Problemfelder waren Stress, Leistung, Arbeit und die Beziehung zu den Eltern. In meiner Fassade war ich zu Hause und auf der Arbeit immer ein Ja Sager, wenn mich jemand fragte, wie es mir ginge, habe ich immer gesagt, “alles gut“. Und dann ging es auf einmal ganz schnell in die andere Richtung, auf 55 Kilogramm runtergehungert, Krämpfe. Meine Freunde haben es schon viel früher gemerkt, „Du musst kürzer treten“ haben Sie gesagt. Ich brauchte noch 5 Jahre, dann kam der Zusammenbruch. In meinem Leben gab es zu der Zeit immer nur Arbeit, Meine Eltern haben das nicht erkannt, bis zum Schluss nicht. Dann Panikattacken, Kieferflattern, Zittern, schon auf den Weg zur Arbeit bekam ich die körperlichen Symptome.

Bis heute habe ich das Gefühl, dass ich in einer Hülle lebe, immer eine Fassade habe. Nur in den Gruppenterminen und im Einzelgespräch beim SKM, und bei ganz wenigen Freunden, fühle ich mich echt. In der Gruppe zu reden ist immer eine Überwindung, ist sehr viel mit Scham behaftet, ich fühle ein ziemliches Versagen.

Spüren Sie jetzt Traurigkeit?
Angenehm ist es im Moment jedenfalls nicht, aber es ist gut, diese Dinge auszusprechen.

Was ist das Schlimmste?
Das Hilfe annehmen müssen, ich war immer der Stärkste, von mir wurde immer gefordert, dass ich Lösungen präsentiere und bis heute kann ich mich gut um die handwerklichen Probleme anderer kümmern, für die finde ich immer Lösungen. Hilfe annehmen ist hingegen sehr schwer.

Der oberste Kopf lacht, ist nicht ganz so düster. Es wird heller. So sollte es sein. Der Kopf steht für Hoffnung, für einen Neuanfang.

Wann wäre es für Sie nicht ganz so düster?
Wenn ich mehr hören, mehr sehen, mehr reden könnte. Offener an die Sache rangehen, mehr genießen können, nicht immer verkrampft sein.

Was müsste bei dem Neuanfang gelingen, wann wäre es gut?
Dass weiß ich auch nicht. Mein Zittern müsste weg sein, die Angst verlieren, nicht immer auf die Zähne beißen müssen.